Betrifft einige meiner herausragenden Aktivitäten als Sekretär bei den Amitiés Françaises de Differdange. (1973 – 1981)

Ich war nicht lange Sekretär bei dieser Vereinigung, denn dieser Posten wurde nach jedem Präsidentenwechsel neu besetzt. Besonders als schreibende und organisierende Hand von Professor René Hallé machte es mir besonders Spass für die kulturellen Aktivitäten nach geeigneten Themen zu suchen. Die Suche fiel mir nicht schwer.

Ein  gerne gesehener Vortragsredner war Prof. Norbert Thill. Zuerst fanden dessen Vorträge in den Räumlichkeiten der Gemeinde statt, doch die Zahl der interessierten Zuschauer wuchs dermaßen an, so dass das neue Kulturhaus in Oberkorn zur rechten Zeit zu unserer Verfügung stand. Es gibt wahrscheinlich keinen Vortrag, von Professor Robert Thill, den er nicht vor Differdinger Publikum gehalten hat. Dabei hatte sich eine permanente persönliche Freundschaft mit ihm und seiner lieben Gemahlin aufgebaut. Er wurde mir zum Vorbild, zum Weggestalter. Von Professor Robert Thill habe ich die Sucht nach fotografischen Dokumenten übernommen und wie aus meinem Fotoarchiv ersichtlich in die Tat umgesetzt. Für seine Vorführungen hatte er stets nur ausgewähltes Foto Material in die Schlitten gesetzt, die er bereits zu Hause zu seinem mündlichen Vortrag passend zusammenstellte. Mir tat es immer wieder Leid Bilder zu zerstören, die mir trotz ihren Mängel, einen beachtlichen Informationsteil  lieferten. Meine Devise lautete, die guten Bilder gehen sowieso unter die Haut und bleiben im Gedächtnis der Zuschauer, die mangelhaften Bilder dagegen liefern dem Redner  Gesprächsstoff, weil auch sie zur kompletten Dokumentation dienen und ausgezeichnete Objekte für, wenigstens meine ungezählten Diavorführungen waren. Ich habe bei ihm nicht nur gelernt welche Bilder ansprechen, sondern auch welcher Rhetorik es bedarf um die Zuschauer in den Bann der Projektion zu ziehen. Und auch ich hatte Erfolg bei meinen Zuschauer.

Ich möchte nicht verfehlen zu berichten, dass durch die Beratung von Prof. Robert Thill, meine kunstorientierte Tochter Monique den Weg fand zu Site et Monument, wo sie ihr Talent weiter bilden konnte. Die dabei international stattgefundenen „rencontres“   waren überaus lehrreich, konnten aber aus finanziellen Gründen nicht lange genug weiter geführt werden.

Prof. Norbert Thill hat uns 2013 verlassen und ich übernehme aus dem Internet den hoch eloquenten Nachruf  von P. Jean-Jacques Flammang SCJ.

 

Zur Einnerung an Prof. Norbert Thill 1923-2013

Prof. Norbert Thill während einer seiner zahlreichen Vorträge


Sechs Tage vor seinem 90. Geburtstag hat Prof. Norbert Thill diese Welt verlassen, um in der Ewigkeit die letzte Antwort auf sein Fragen zu erhalten. Mit Prof. Norbert Thill verliert unsere Zeitschrift „Heimat und Mission“ einen wertvollen und geschätzten Mitarbeiter, der über 35 Jahre die Geschicke unserer Zeitschrift mitgestaltete. Über 20.000 Bilder und Hunderte von Artikel und Beiträgen hat Prof. Norbert Thill „Heimat und Mission“ zur Verfügung gestellt. Zusammen mit seiner Ehefrau Lilly Thill-Beckius hat er stets Sorge getragen, damit unserer Zeitschrift nur das beste Material geliefert würde. Bis zu 20 Mal sind sie beide mit der Fotografieausrüstung in verschiedene Ortschaft gefahren, um das richtige Bild zum richtigen Zeitpunkt machen zu können. Diesem bewundernswerten Einsatz verdankt unsere Zeitschrift das hohe Niveau, für das sie weit über die Grenzen Luxemburgs hinaus, anerkennendes Lob empfängt.

         

Die Zusammenarbeit von „Heimat und Mission“ mit Prof. Norbert Thill hat in den 1970ger Jahren begonnen. Damals veröffentlichte unsere Zeitschrift eine Serie mit dem Titel « Die Kirche Luxemburgs in ihrem Werden, Wachsen und Wirken ». Diese Artikel waren veranschaulicht mit Bildern von französischen Kathedralen. Ein solches Heft bekam Prof. Norbert Thill in die Hände, und sofort nahm er Kontakt mit dem Schriftleiter Pierre Hilden auf. Warum er nicht Luxemburger Kirchen zeige, war seine Frage, und als ihm Schriftleiter Pierre Hilden gestand, er hätte keine solche Bilder, bot ihm Prof. Norbert Thill spontan seine Mitarbeit an. So kamen eines Tages Prof. Norbert Thill mit seiner treuen Ehegattin Lilly Thill-Beckius nach Clairefontaine in die Redaktionsstube und besprachen mit Pierre Hilden eine mögliche Zusammenarbeit. Diese erste Begegnung legte den Grundstein für ein langes gemeinsames Wirken, aus dem ein hervorragendes, einmaliges Werk im Dienste des Luxemburger Kultur- und Kunstpatrimoniums entstand.

         

Zuerst hatte Prof. Norbert Thill einige schwarz-weiß Aufnahmen zur Veranschaulichung der Artikel in „Heimat und Mission“ zur Verfügung gestellt. Sodann, ab 1977, lieferte er Ideen für die Themen der Hefte, sowie zahlreiche schwarz-weiß Fotos und Farbdias. So konnten den Heimat und Mission-Abonnenten die Schönheiten des Luxemburger Landes vorstellt werden: der Süden, das Ösling, die Mosel, das Tal der Sieben Schlösser, Luxemburg, Echternach, die Sauer. Ab 1978 begann dann die Serie über Luxemburger Ortschaften, die aus der Clairefontainer Zeitschrift eine einmalige Sammlung Luxemburger Kulturguts gemacht hat. Die Weitsicht vom Schriftleiter Pierre Hilden hat diese Zusammenarbeit mit Prof. Norbert Thill immer wieder unterstützt und gefördert bis in die 1980ger Jahren. 70 Hefte hat Chefredaktor Pierre Hilden zusammen mit Prof. Norbert Thill herausgegeben. Für die Entwicklung der schwarz-weiß Bilder war damals P. Joseph Adam zuständig. Das Archiv zählt heute Zehntausende Fotos von Landschaften, Kirchen, Schlösser, Gebäuden, Wohnhäusern und deren Innenausstattung mit zahlreichen Detailaufnahmen. 

         

Als der Schriftleiter Pierre Hilden 1985 unerwartet verstarb, musste ich als junger Herz-Jesu-Priester die Schriftleitung von „Heimat und Mission“ übernehmen. Mir war es während meiner Studienzeit bewusst geworden, welch großes Erbe ich hier anzutreten hatte. Denn wenn „Heimat und Mission“ auch in Luxemburg selten öffentliche Anerkennung fand, so hatte dieses einmalige editoriale Projekt im Ausland unter Fachleuten große Bewunderer gefunden. Und mir selbst schien damals eines klar: auf keinen Fall werde ich auf die Zusammenarbeit mit Prof. Norbert Thill verzichten. Man hatte mir den Professor als einen schwierigen Menschen beschrieben, und einige waren der Ansicht, unsere Zusammenarbeit könnte nicht lange anhalten. Bei unserer ersten Begegnung hat Prof. Norbert Thill mir höflich seine Mitarbeit angeboten, die ich dankend angenommen habe. Daraus entstand eine 28 jährige freundschaftliche Zusammenarbeit, in der ich Prof. Norbert Thill als einen äußerst engagierten Menschen kennen lernte, der vieles in seinem Leben erlebt hatte, sich stets auf die Seite der Unterdrückten stellte und sich nicht scheute, heiße Eisen anzupacken. Für ihn war die Schönheit ein hoher Wert. Er war davon überzeugt, dass sie Einheit bringe, und Zwist und Streit überwinden könne. Aber dieser Einsatz für die Schönheit verlangte auch Stellungnahmen, mit denen sich Prof. Thill nicht nur Freunde machte.

         

Norbert Thill war ein äußerst begabter Mensch, sprachgewandt, aber auch sehr stark in mathematischen Fächern. Ingenieur wollte er werden, doch die Kriegsjahre haben ihm das nötige Studium nicht erlaubt. Musiker ist er mit Leib und Seele gewesen: Pianist, Organist, auch Assistent vom bedeutenden Dirigenten Henri Pensis. Eine Solistenkarriere als Pianist hätte er machen können. „Das wohltemperierte Klavier“ von Johann Sebastian Bach spielte er in den Brüsseler Konzerthallen auswendig. In Luxemburg aber verzichtete er auf eine weitere Solistenkarriere, auch wenn er von 1945 bis 1953 Titularorganist der Düdelinger Pfarrkirche war. Jeden Sonntag in der Spätmesse spielte er ein Orgelkonzert, auch wenn der für den liturgischen Gesang zuständige Geistliche ihm wissen lassen ließ, er solle aufhören Bach zu spielen, denn „Bach“ und „Brach“ unterschieden sich nur durch einen Buchstaben. Norbert Thill war der erste Organist in Luxemburg, der Werke von Olivier Messiaen spielte.  Dem Küster hatte anscheinend diese neue Musik nicht so gefallen, denn er schnitt dem Organisten kurzerhand den Strom ab. Dass Norbert Thill dann das öffentliche Musizieren ganz aufgab und die Laufbahn eines Musiklehrers einschlug, das kam so: Er hatte auf einem Konzert die auf dem Programm angesagte Mondscheinsonate von Beethoven durch ein Werk von Ravel ersetzt. Tags darauf stand vom Musikkritiker in der Zeitung zu lesen, die Mondscheinsonate hätte er auch schon mal anders gehört. Das war der Auslöser, um auf weitere öffentliche Konzerte in Luxemburg zu verzichten.

         

Dabei hatte der weltberühmte Albert Schweitzer nach einem Konzert kurz mit Norbert Thill gesprochen. Das Gespräch über Bachinterpretation war so anregend, dass Albert Schweitzer Norbert Thill unbedingt wiedersehen wollte. Er solle seiner Sekretärin seine Adresse hinterlassen, sie werde ihm dann mit ihm einen Termin abmachen. Zwei Jahre später bekam Norbert Thill einen Brief, Albert Schweitzer wolle ihn begegnen. Norbert Thill fuhr ins Elsass und aus der vorgesehenen einen Stunde, wurde ein ganzer Nachmittag, wo beide große Bachinterpreten sich austauschten und von einander lernten.

         

Höchste  Hochachtung hatte Prof. Norbert Thill immer seinem Lehrer Maître Albert Leblanc gezollt. Das traurige Ende des Domorganisten bedauerte Prof. Norbert Thill sehr, und immer wieder kam er auf die Ungerechtigkeiten zu sprechen, die diesem hervorragenden bescheidenen Meister widerfuhren. Manche Artikel hat Prof. Thill über diese Vorfälle veröffentlicht, die auch Anlass für den Luxemburger Organistenstreit gaben. In den Augen von Prof. Norbert Thill war Maître Albert Leblanc ein hochbegabter Organist. Die jüngeren Organisten haben nur den alten Meister erlebt und verstanden nicht, sowie Prof. Norbert Thill immer wieder höchstes Lob für Maître Leblanc aussprach, der sich im Gegensatz zu heutigen Organisten nicht zu schade war auch auf elektronischen Orgeln zu spielen, wenn sie in einer kleinen Dorfkirche standen. Für ihn, genauso wie für Prof. Norbert Thill, war der heutige Leitsatz falsch, der behauptet: „Wenn keine Pfeifenorgel, dann lieber keine Orgel als eine elektronische“. Leider gab es zu diesem Thema endlose Streitereien, die auch in den Medien ausgetragen wurden. Prof. Norbert Thill wurde hier von seinen Gegnern nicht verschont. Er selbst ließ sich aber nicht einschüchtern.

         

Für alles, was er als richtig erkannt hatte, setzte er sich mit großer Leidenschaft ein. So konnte er verschiedene Richtungen in der zeitgenössischen Kunst nicht gut heißen und ließ dies auch in seinen zahlreichen Vorträgen und Schriften wissen. Besonders unerträglich fand er verschiedene zeitgenössische Kreuzwegstationen, die er als „Spott des Gekreuzigten“ bezeichnete. In seiner Wohnung hatte Prof. Norbert Thill viele Andenken aus aller Welt, die er von seinen Studienreisen mitgebracht hatte. Alle Religionen hat er als Weg zu dem einen Gott verstanden. Daran hat er fest geglaubt, und er hat stets die Volksfrömmigkeit in Schutz genommen. Überhaupt hat er besonders die Kleinen und Schwachen unterstützt und wehrte sich gegen alles, was er als ungerecht empfand, sicher weil er selbst viele Ungerechtigkeiten in seinem Leben zu erlitten hatte. Das begann schon in der Primärschule in Petingen, wo er stets Klassenerster war, aber meistens weniger Punkte erhielt als der Sohn einer reichen Gemeindeautorität. Als sehr schlimm hat der junge Norbert Thill die Studienjahre im Konvikt erlebt, wo er verdächtigt wurde das Geld der Missionskasse zu stehlen. Schließlich konnte er beweisen, dass er es nicht war. Der Priester aber entschuldigte sich nicht für seine Anschuldigung. Später wurde er als Organist in Düdelingen angestellt, da er der beste Kandidat war, aber Orgelkonzerte durfte er nicht geben. Das sei Unfug, meinte dazu die Kirchenfabrik. Als er dann für ein Klavierkonzert im Gemeindesaal eingeladen wurde und der sozialistische Bürgermeister ihn als seinen Freund bezeichnete, wurde ihm vom Kirchenrat vorgeworfen, dass er nicht protestiert hätte: ein Kirchenorganist kann nicht Freund eines sozialistischen Bürgermeisters sein, hieß es damals.


 Nach seinem Examen für das Lehrfach Musik hörte er unbemerkt, wie die drei Examinatoren unter einander diskutierten, und wie einer von ihnen behauptete, er hätte wohl alles versucht, um Thill reinzulegen, aber der sei nun eben zu gut gewesen. Professor am Musikkonservatorium ist Norbert Thill trotzdem nicht geworden, da es hier nicht mit rechten Dingen zugegangen ist. Jahre später hatte Prof. Norbert Thill Einblick in die Berichterstattungen der Ratsversammlungen, und er musste feststellen, dass er trotz besserer Bewertung nicht zum Professor ernannt wurde.


Gekränkt hat es auch Prof. Norbert Thill,dass die Verantwortlichen der  Luxemburger Kirche nie ein anerkennendes Wort hatten für seine einmalige Dokumentationsarbeit zum religiösen Kulturpatrimonium des Landes, obschon die vatikanische Kommission für Kirchenkunst über seine Arbeit voll des Lobes war.

 Als Prof. Norbert Thill für das Kulturjahr 2007 seinen hervorragenden Bildband veröffentlichte und allen Abonnenten unserer Zeitschrift zukommen ließ, bekam er aus In- und Ausland zahlreiche  Dankesschreiben. Außer Großherzog Jean, ignorierten aber sämtliche Luxemburger politischen und kulturellen Autoritäten seine Arbeit.


Zusammen mit seiner Ehefrau hat Prof. Norbert Thill zahlreiche Länder besucht, stets mit dem Fotoapparat im Gepäck. Hunderttausende Diapositive hat er hinterlassen. Seine einmalige Dokumentation über Venedig wurde von der UNESCO preisgekrönt. Ihm war es erlaubt in Ägypten das Grab von Tutenchamon zu fotografieren, auch die goldene Maske des Pharao. In China hat er die verbotene Stadt besucht, in Tibet den Potala, in Indien den Tadsch Mahal, in Mexiko den Machu Picchu. In Rumänien hat er zahlreiche Bilder des dortigen Kulturpatrimoniums gemacht, so dass er als erster den Titel erhielt: „ambassadeur culturel de la Roumanie“. Die Kunstdenkmäler in den Vatikanischen Museen durfte er fotografieren, auch die koptischen Handschriften in Lalibela sowie die buddhistischen Malereien in Bhutan und die islamischen Kunstwerke in Marokko. Nur die Kreuzwegstationen in der Düdelinger Pfarrkirche durfte er nicht fotografieren, als sie nach der Restaurierung noch nicht wieder aufgehängt waren. Das hat Prof. Norbert Thill sehr verärgert, und oft hat er diesen Vorfall in seinen Vorträgen erwähnt, wenn er besonders schöne, einmalige Bilder aus dem Ausland zeigte. Über 1350 Vorträge in In- und Ausland stehen auf der langen Liste. Leider ist bis heute keine Bibliographie von Prof. Thill erschienen, sie zähle Tausende von Artikel.


 Neben seinem großen Orgelbuch, das alle Luxemburger Orgel in Geschichte und Gegenwart beschreibt, sogar die Privatorgeln, hat Prof. Norbert Thill zahlreiche Kunstbände herausgegeben. Hier seien nur das Marienbuch erwähnt, das er zusammen mit Michel Schmitt im Marienjahr herausgegeben hat, oder die mit Théophile Walin zusammengestellte Monografie über die Künstlerfamilie Greef, oder die Serie „Bekannte und verborgene Schönheiten Luxemburgs“, die bis jetzt vier imposante Bände umfasst. Für die meisten dieser Bücher ist Lambert Herr für das Layout zuständig gewesen, das Prof. Norbert Thill stets hoch geschätzt hat. 

 2009 hat die Zeitschrift „Heimat und Mission“ eine Zusammenstellung gemacht von allem, was Professor Nobert Thill seit 1977 in unserer Zeitschrift veröffentlicht hat. Auf einer internationalen Tagung sprachen Fachleute unserer Zeitschrift großes Lob aus. Das editoriale Projekt vom Prof. Norbert Thill, einer breiteren Öffentlichkeit das Kulturpatrimonium durch meisterhafte Bilder und Detailaufnahmen über Jahrzehnte hindurch zugängig zu machen scheint einmalig zu sein.  Dass diese Arbeit weiterhin Anerkennung findet, können wir daran merken, dass die Jahrgänge 1980 bis 2011 immer wieder beim Verlag bestellt werden.


 Prof. Norbert Thill hat uns verlassen. Sein Werk aber werden wir in Ehren halten. Zahlreichen Menschen hat er durch seine Publikationen und Vorträge den Weg zum Luxemburger Kulturpatrimonium eröffnet. Der Titel seiner Konferenz „L’art au Luxembourg“ ließ in den 1950ger Jahren Luxemburger „Spezialisten“ schmunzeln. Ob es denn Kunst in Luxemburg gebe? Nach der Konferenz waren sie höchst erstaunt, wie wenig sie über Luxemburger Schönheiten informiert waren. Durch sein unermüdliches Fotografieren in fast allen Luxemburger Ortschaften hat Prof. Thill viel dazu beigetragen, dass ein neues Bewusstsein für das alte Patrimonium in Luxemburg entstanden ist. Wurden noch in den 1970 Jahren zahlreiche alte Bauten abgerissen oder bis zur Unkenntlichkeit umgebaut, so sind solche Verfahren heute nicht mehr denkbar. Das Ererbte hegen und pflegen war einer der Leitsätze, denen sich Prof. Thill stets in seinen Veröffentlichung und Vorträgen verpflichtet sah.

 Dankbar werden sich die Clairefontainer Herz-Jesu-Priester stets an ihren ehrenamtlichen eifrigen Mitarbeiter Prof. Norbert Thill erinnern.

 In schwierigen Momenten, besonders in den letzten Jahren, wo sein Augenlicht nachließ und seine geliebte Ehefrau erkrankte, verwies er schwermütig an den Doctor philosophiae Johann Warnimont, auf dessen Grab in Tüntingen vermerkt ist: „Nunmehr: Willst wieder du leben? Hundert tausendmal Nein; Lasst mich in ewiger Ruh!“ Aber kurz nachdem er den Satz ausgesprochen hatte, begann er schon wieder von neuen Plänen zureden, die er noch hatte. Auch an Gott und an der Schönheit, denen er sein Leben lang gedient hatte, kamen ihm Zweifel. Ob es einen Gott geben könne, der bei Krankheit und Leiden zusehe ohne rettend einzugreifen? war ihm eine beängstigende Frage geworden, die ihn bis zuletzt beschäftigte.

 Ich erinnere mich, dass er mir eines Abends als er vom Arzt zurückkam und über die Begräbnisfeier redete, Carl Loewes Vertonung von Gabriel Seidls „Die Uhr“ vorspielte. Dort heißt es zum Schluss: „...stände sie einmal stille, / dann wär’s um sie geschehn, / Kein anderer, als der sie fügte, / bringt die Zerstörte zum Gehn. / Dann müsst ich zum Meister wandern,/der wohnt am Ende wohl weit,/Wohl draußen, jenseits der Erde,/wohl dort in der Ewigkeit./ Dann geb ich sie ihm zurücke/ mit dankbar kindlischem Flehn./ Sieh, Herr, ich hab nichts verdorben,/ sie blieb von selber stehn.“  

 Rückblickend kann ich sagen, zahlreiche Talente hatte Prof. Norbert Thill erhalten, und er hat hervorragend mit ihnen bis zuletzt gewirtschaftet. Sicherlich wird Gott ihm nun sagen: „Komm, nimm teil an der Freude deines Herrn.“


 In tiefer Dankbarkeit

P. Jean-Jacques Flammang SCJ

PS: Nachdem ich diese ungeschminkte Hommage gelesen habe überfielen mich genauso unerfreuliche Erinnerungen. In Luxemburg, ist es nämlich durchaus möglich dass man in Ulflingen „Gesondheet“  sagt, oder „botz se“ nachdem jemand einen Monat vorher in Düdelingen geniest hat. Was aus diesem Hommage ganz groß hervor geht, mit welch selbstherrlicher Dummheit in vielen Sparten die sogenannten Experten hierzulande sich tummeln, passt genau in das Zitatenkarussell meines Vaters: „Wilhelm Busch -  Wer durch des Argwohns Brille schaut, sieht Raupen selbst im Sauerkraut.“

Ich könnte den obigen Beschreibungen einige, aus eigener Erfahrung, hinzufügen.

 

 

 

Ein anderer ebenfalls gerne gesehener und applaudierte Gast war Marc Olinger.

 

 Ich habe diesen Marc Olinger sehr bewundert. Als ich den Posten als Sekretär bei den Amitiés Françaises in Differdingen übernahm, musste ich auch für kulturelle Aktivitäten sorgen.

Marc Olinger war einer der Ersten, den ich mit seiner Schauspieler Gruppe nach Differdingen eingeladen habe. Auch gelangte es mir nahmhafte Vortragsredner aus dem Ausland zu engagieren, die meistens mehrere Male in Differdingen auf der Bühne standen. Da in der Ortschaft keine geeignete Räumlichkeiten vorhanden waren, fanden die Theatervorführungen und auch Lesungen im Festsaal der alten Gemeinde statt. Ich höre heute noch das Gratschen der Holzdielen, die komplett ausgetrocknet, und eine ernsthaft störende Angelegenheit waren. Auch die Zuschauer wagten es nicht die Füße zu bewegen ohne dass diese Geräusche sich manifestierten. Doch die Gruppe lies sich nicht durch diese Nebensächlichkeiten, die manchmal auch würzig ankamen, abhalten und hatte ständig ein engagiertes Publikum. Das hatte zur Folge, dass nahezu jedes neue Stück, das vom TOL gespielt wurde, ebenfalls vor dem Publikum der Amitiés Françaises in Differdingen aufgeführt wurde. Marc Olinger war mir nicht nur für diese finanzielle Unterstützung sondern auch für die Förderung seiner Theatergruppe sehr dankbar, was sich bis heute darin gezeigt hat, dass während den 40 Jahren danach keine neue Aufführung des TOL’ s stattfand zu der ich nicht eine persönliche Einladung erhalten habe.

In den Annalen der Differdinger Vereinigung, die heute (2014) von meinem Arbeitskollegen François Juchem als Sekretär geleitet wird, dürften sich noch weitere Details meines kurzen Auftretens zu finden sein.

Dem Luxemburger Wort entnehme ich nachfolgende Hommage:

 

Ein Nachruf auf Marc Olinger

"... bis es nicht mehr geht"

Seine vorletzte Rolle war auf ihn zugeschrieben

Veröffentlicht am Donnerstag, 8. Januar 2015 um 23:31

von Marc Thill

Ob auf der Bühne im Theater, oder vor der Kamera für Film und Fernsehen, Marc Olinger war immer mit Leidenschaft dabei. Und das bis zum Schluss. Dass ihn die kleine Luxemburger Theaterszene schnell vergessen hatte, als er im Januar 2011 den Direktorposten im Kapuzinertheater aufgab, das hatte ihn schon etwas gekränkt, wie er uns in einem Interview im vergangenen Oktober verriet.

Damals war er auf dem Sprung wieder zurück auf die Bretter. Er spielte „Ofgeschminkt“, ein Stück, in dem er in die Rolle eines alternden Schauspielers schlüpfte. Jemp Schuster hatte den Text für Olinger geschrieben und sich dabei auch an dessen Theaterkarriere inspiriert. Für Olinger sollte es kein Selbstporträt sein. Fast wäre es aber seine letzte Rolle geworden. Im Dezember stand Olinger in Jean-Paul Maes Stück „De Rousegaart“ ein letztes Mal auf der Bühne.

„Ich werde weitermachen, bis es nicht mehr geht“, hatte er dem „Luxemburger Wort“ geflüstert, sich dabei mit dem Finger an den Schädel geklopft und gesagt: „Bis jetzt funktioniert noch alles.“ Nicht aber das Gedächtnis, nein, das Herz ließ Olinger im Stich.

Olinger spielte auch in der Kinoproduktion "D’Symmetrie vum Päiperlek" mit. Iris Productions

Wie bei vielen anderen Luxemburger Schauspielern seiner Generation war es der Professor am Musikkonservatorium Eugène Heinen, Gründer des Luxemburger Theaters der Nachkriegsjahre, der Marc Olinger für die Schauspielerei begeistern konnte. Nach seinem Literatur- und Philosophiestudium an der Sorbonne war Marc Olinger zusammen mit seiner Frau Claudine Pelletier bei der Gründung des „Théâtre Ouvert de Luxembourg“ im Jahre 1973 mit dabei. 1985 wurde er Direktor des Kapuzinertheaters, das er 26 Jahre lang leitete, was ihn aber nicht daran hinderte, sowohl auf der Bühne als auch in vielen Luxemburger Filmproduktionen vor der Kamera zu stehen.


Unzählige Rollen hatte Olinger in seinem langen Theaterleben, große wie kleine: "Le Bourgeois gentilhomme" in einer Produktion der Opéra de Liège und des Grand-Théâtre oder auch "Sganarelle" in "Dom Juan" von Molière. In Erinnerung bleiben auch die vielen Rollen in den Produktionen, die er als Theaterdirektor im Kapuzinertheater unterstützte. Und er stand auch vor der Kamera. "De falschen Hond", "Déi zwee vum Bierg" oder "D'Symmetrie vum Paiperlek", um nur diese drei Luxemburger Filmproduktionen zu nennen.


Der Familie des Verstorbenen entbieten wir unser aufrichtiges Beileid.